Urlaub für pflegende Angehörige

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Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen, stehen unter enormem Stress. Die täglichen Pflegeaufgaben, der eigene Job, die Familie – das alles zehrt an den Nerven. Dabei ist der Urlaub für pflegende Angehörige ein Muss!

Urlaub für pflegende Angehörige: Stress vermeiden und für Pausen sorgen

Leichter gesagt als getan: Natürlich braucht jeder, der sich um eine Pflegeperson kümmert, regelmäßige Pausen. In der Realität ist es aber so, dass diese Auszeiten einfach nicht genommen werden. Nach einer Umfrage der Techniker Krankenkasse leidet daher jeder zweite Pflegende unter Stress und fühlt sich dauerhaft körperlich und seelisch überlastet. Das kann auf Dauer zu eigenen Erkrankungen führen, denn Stress schlägt nicht nur auf den Magen, sondern belastet auch das Herz-Kreislauf-System. Durch die anstrengende Pflegetätigkeit sind auch Rückenbeschwerden keine Seltenheit. Eine Pause scheint nicht möglich, denn die zu pflegende Person braucht oft rund um die Uhr Betreuung. Wo soll da noch die Zeit herkommen, sich um sich selbst zu kümmern, eine Tasse Tee zu trinken oder sogar in den Urlaub zu fahren?


Sonderurlaub beim Arbeitgeber beantragen

Das Recht auf Urlaub und Sonderurlaub für pflegende Angehörige ist unbestritten vorhanden, die meisten Pflegenden machen davon nur keinen Gebrauch. Neben dem regulären Erholungsurlaub gibt es einen Anspruch auf Sonderurlaub, wenn eine akute Pflegesituation eingetreten ist.

Diese stellt eine Ausnahmesituation im Leben eines Arbeitnehmers dar, der daraufhin den auf zehn Tage im Jahr begrenzten Sonderurlaub nehmen darf. Natürlich gilt eine Dauerpflege nicht als akut, denn der Gesetzgeber definiert diese als plötzlich und unerwartete Situation. Wird jedoch ein Angehöriger oder der Partner aufgrund eines Unfalls oder einer Erkrankung plötzlich pflegebedürftig, haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung während der freien Tage. Sonderurlaub ist auch für die Pflege von Kindern unter 18 Jahren möglich.

Video: #kurzerklärt Pflege – welche Hilfen gibt es für Angehörige?

Bei folgenden Personengruppen ist laut Gesetzgeber ein Sonderurlaub für die akute Pflege möglich:

  • (Ehe-)Partner
  • Kinder
  • Geschwister
  • Eltern
  • Großeltern

Beim Punkt der Pflege der Großeltern kann es zu Schwierigkeiten kommen: Die IHK schließt diese in Bezug auf nahe Angehörige aus, das Bundesgesundheitsministerium jedoch inkludiert sie.

Wichtig zu wissen: In der Regel besteht während des zehntägigen Sonderurlaubs kein Anspruch auf Gehalt. Möglich sind jedoch arbeitsvertraglich festgelegte andere Regelungen. Es ist jedoch möglich, Pflegeunterstützungsgeld bei der zuständigen Pflegekasse zu beantragen. Um nun den Sonderurlaub für pflegende Angehörige nehmen und das Pflegeunterstützungsgeld bei der Pflegekasse beantragen zu können, muss eine ärztliche Bescheinigung eingereicht werden. Diese muss bestätigen, dass ein Pflegegrad vorliegt bzw. die aktuelle Situation des Angehörigen in einem solchen münden wird.

Verhinderungs- und Kurzzeitpflege für eine persönliche Auszeit nutzen

Wenn sich ein pflegender Angehöriger erholen möchte, kann die Verhinderungs- oder Ersatzpflege eine Option sein. Dabei wird die pflegebedürftige Person an vertraute Menschen übergeben. Das können andere Verwandte, Bekannte oder Freunde sein. Auch ein Pflegedienst kann ersatzweise hinzugezogen werden. Die Pflegekassen stellen dafür für bis zu sechs Wochen im Jahr Gelder in Höhe von bis zu 1.612 Euro zur Verfügung. Der Betrag ist bei Bedarf heraufzusetzen, wobei 806 Euro zusätzlich die Grenze ist. Dies geht aber nur, wenn die Mittel aus der Kurzzeitpflege noch nicht verbraucht worden sind.

Wichtig: Die Pflegeperson muss mindestens im Pflegegrad 2 eingestuft sein und seit mindestens einem halben Jahr zu Hause gepflegt werden. Der Anspruch auf Mittel aus der Kurzzeitpflege verringert sich dann entsprechend. Als weiteres Geld kann das Pflegegeld eingeplant werden, welches bis zum Zeitpunkt der Verhinderungspflege gezahlt wurde. Hierbei ist jedoch von 50 Prozent auszugehen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einen Entlastungsbetrag für den Aufenthalt in einem Pflegehotel zu beantragen, dieser kann sich auf 125 Euro belaufen.

Bekommt die anspruchsberechtigte Person eine Kombination aus Pflegesachleistungen und Pflegegeld, sind Sachleistungen auch von einem anerkannten Pflegedienst am Urlaubsort zu beziehen.

Video: Pflege und Beruf: Welche Möglichkeiten haben berufstätige pflegende Angehörige?

Die zweite Möglichkeit zur Erholung besteht in der Kurzzeitpflege. Pflegebedürftige, die mindestens Pflegegrad 2 haben, können für eine gewisse Zeit in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung untergebracht werden. Die Pflegekasse gewährt dafür Mittel von bis zu 1.774 Euro für höchstens acht Wochen im Jahr. Sind die Mittel im Bereich Verhinderungspflege nicht verbraucht worden, können diese die Kurzzeitpflegemittel aufstocken, was maximal bis 1.612 Euro im Jahr möglich ist.

Die maximalen Gelder, die pro Jahr zur Verfügung stehen, betragen demnach 3.386 Euro. Bitte beachten: Die Kosten für Verpflegung und Unterkunft in einer Einrichtung werden nicht durch die Pflegekasse getragen. Diese können aber anteilig ersetzt werden, weil 50 Prozent des bis dahin bezogenen Pflegegeldes für die Dauer der Kurzzeitpflege weitergezahlt werden.


Ein echter Urlaub für pflegende Angehörige?

Der Anspruch auf Urlaub für pflegende Personen mag theoretisch vorhanden sein. Praktisch trauen sich viele Pflegende gar nicht, von zu Hause wegzufahren. Sie machen sich viel zu große Sorgen um ihre Angehörigen, die dann einer möglicherweise fremden Person überlassen oder sogar stationär betreut werden würden. Doch auch dafür gibt es eine Lösung! In den letzten Jahren sind immer mehr Pflegehotels entstanden, die sich auf den gemeinsamen Urlaub von Pflegepersonen und den zu pflegenden Angehörigen spezialisiert haben. Das Ziel ist es, dass die Pflegenden eine Auszeit bekommen und gleichzeitig in der Nähe ihrer zu pflegenden Angehörigen sein können. Letztere wiederum werden im gleichen Hotel gut versorgt und betreut. Sogar Kreuzfahrten sind möglich, sodass die ganze Familie gemeinsam reisen und etwas Neues erleben kann.

Pflegehotels und Kurkliniken bieten spezielle Betreuungslösungen

Neben den Pflegehotels gibt es auch spezialisierte Kurkliniken. Hier können beispielsweise Demenzkranke untergebracht und professionell umsorgt werden. Gleichzeitig werden deren Angehörige, die bisher die Rolle der Pflegeperson übernommen haben, gut untergebracht. Beide – Pflegeperson und Pflegebedürftiger – fahren somit gemeinsam auf eine Kur und bekommen perfekt auf sie zugeschnittene Angebote, dank derer eine gute Erholung möglich ist. Die Kosten dafür werden in der Regel durch die Krankenkasse getragen.

Neben den Kurkliniken für Demenzkranke gibt es auch die Angebote für „Bring-mit-Kuren“, ebenfalls Offerten für Pflegepersonen und deren Angehörige. Am Kurort finden sich Kurzzeitpflegeeinrichtungen, in denen der zu pflegende Angehörige untergebracht wird. Die Pflegeperson hingegen kann die Annehmlichkeiten der Kur genießen und sich vom anstrengenden Pflegealltag erholen.

Die täglichen Pflegeaufgaben, der eigene Job, die Familie – das alles zehrt an den Nerven. Dabei ist der Urlaub für pflegende Angehörige ein Muss! (Foto: AdobeStock - 9224388 ArtmannWitte)

Die täglichen Pflegeaufgaben, der eigene Job, die Familie – das alles zehrt an den Nerven. Dabei ist der Urlaub für pflegende Angehörige ein Muss! (Foto: AdobeStock – 9224388 ArtmannWitte)

Beispiel für ein Konzept zum gemeinsamen Reisen

Das Projekt, das durch „Xpert Cooperation“ ins Leben gerufen wurde, bot bei seiner ersten Erprobung ein neues Konzept: Angehöriger und Pflegeperson sollten gemeinsam reisen können, das aber nicht nur innerhalb Deutschlands. Vielmehr wurde die griechische Mittelmeerinsel Rhodos als Kurort auserkoren. Der Grund, warum die Wahl auf diese Insel fiel, war im Leerstand vieler Hotels nach der Hauptsaison zu finden. Das Wetter ist dort jedoch auch im Winter schön. Ein Reisekonzept, welches durch das Bundesgesundheitsministerium, die Deutsch-Griechische Versammlung, die Kommune Rhodos sowie Xpert Cooperation ins Leben gerufen wurde, sollte Angestellten auf Rhodos auch im Winter einen Job und Pflegepersonen sowie deren Angehörigen eine Auszeit bescheren. Dafür wurden Fördergelder genehmigt, mit denen Absolventen der dortigen Krankenpflegeschule eine Weiterbildung zum Umgang mit Demenzkranken erhalten konnten. Sie wurden nach deutschen Ausbildungsnormen qualifiziert, wobei diese Zusatzqualifikation auch für Mitarbeiter von Hotels möglich war. Sie wurden zu sogenannten Alltagsbetreuern ausgebildet, damit ein organisierter Urlaub für Pflegende und ihren Angehörigen möglich ist.

Vor Ort leistete die Kommune Rhodos ihren Beitrag und versprach, öffentliche Einrichtungen sowie Straßen barrierefrei auszubauen. Zahlreiche Hotelbesitzer zogen mit und bauten Bäder und Zimmer behindertengerecht um. Inzwischen finden regelmäßige Pflegereisen statt, sodass der Urlaub für pflegende Angehörige gemeinsam mit den zu pflegenden Personen möglich ist. Ärzte und Pflegepersonal sind vor Ort und leisten Hilfe, wenn es nötig wird und gewünscht ist. Die zu pflegenden Personen werden daher professionell betreut, was dem pflegenden Angehörigen endlich die Chance gibt, guten Gewissens abzuschalten und den Urlaub zu genießen.

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